Einmal quer rüber von Garmisch nach Brixen: eine ebenso herausfordernde und grenzwertige wie faszinierend schöne Tour für mich, gegangen im August 2021 mit meinen beiden Söhnen, 18 und 26 Jahre alt.

In 14 Tagen sind wir 200 km und 11.000 Höhenmeter zu Fuß gegangen, d.h. mein jüngster Sohn ist jeden Schritt gegangen. Mein Großer musste wegen Knieproblemen abbrechen und ich selber brauchte nach 8 Tagen dringend eine Pause. So hatte jeder von uns seine eigenen Erfahrungen.

Alpenüberquerung Garmisch - Brixen als Buch (kartoniert)
Grundlage meiner Planungen war dieser Wanderführer, den ich wärmstens empfehlen kann, auch wenn ich dann hier und da von den Vorschlägen abgewichen bin.

Tag 1: Nach der Bahnreise nach Garmisch-Partenkirchen und einer Übernachtung dort ging es am nächsten Tag los. Ziel war die Knorrhütte am Rand des Zugspitzplateaus.

Ein schöner, nur langsam ansteigender Weg wartete auf uns, das ganz Partnachtal entlang. Allerdings mussten wir gleich zu Beginn einen Umweg und auch mehr Höhenmeter hochstiefeln, da die Partnachklamm wegen Unwetter und Abgängen gesperrt war. Das machte uns am Morgen noch nichts aus, kostete nach hinten heraus aber doch viel Kraft. Leider haben wir uns bei diesem Umweg auch noch verlaufen, so dass einige Kilometer und Höhenmeter zu einer ohnehin langen Tour hinzugekommen sind.
Wirklich wunderschön!
In der Reintalangerhütte machten wir unsere hochverdiente Mittagspause, bevor der letzte Teil des heutigen Weges auf uns wartete, leider noch 800 steile Höhenmeter.
Dieser Weg war wenige Minuten später ein Fluss. Es waren furchtbare 2,5 Stunden bei nicht enden wollendem Gewitter und Starkregen. Überall kam Wasser den Berg herunter, die Angst ging mit, Kraft hatte ich kaum noch. Und wir waren einfach nur glücklich, als wir völlig durchnässt und kaputt, aber unversehrt bei der Knorrhütte ankamen. Ich konnte kaum glauben, was meine Komoot-Aufzeichnung anzeigte: 28 km und 1800 Höhenmeter. Ein kräftezehrender erster Tag!

Tag 2: Von der Knorrhütte zur Coburger Hütte

Der Blick zurück auf das Zugspitzplateau und die Knorrhütte – ein beeindruckendes Bild. Das tröstete darüber weg, dass unsere Sachen keine Chance zum Trocknen gehabt hatten, selbst in meinen Schuhen stand morgens noch das Wasser.
Die deutsch-österreichische Grenze am sogenannten Gatterl.
Eine beeindruckende Gebirgsregion, heute zum Glück bei aufklarendem Wetter.
Der letzte Teil des Weges zur Coburger Hütte zeigte dann noch eine ganz andere Schönheit und einen absehbaren letzten Anstieg.

Tag 3: Von der Coburger Hütte über die Grünsteinscharte nach Rietz im Inntal

Ein wunderschöner Blick zurück zur Coburger Hütte – diese liegt wirklich traumhaft.
Wenn ich dieses Foto sehe, ist mir die Quälerei durch dieses lose Geröll nach oben noch sehr präsent.
Leider hatte es bei dem Unwetter an der Scharte auf beiden Seiten starke Geröllabgänge gegeben, die Wege waren weitgehend verschüttet. Eine mega anstrengende Scharten-Überquerung – zumindest für mich.
Fast unten im Inntal dann noch einmal wilde Natur am Wasserfall vor Mötz. In Mötz war ich um 17 Uhr. Bis zum Quartier in Rietz waren es noch 8 km auf geradem Weg durchs Inntal. Diese Strecke bin ich mit dem Bus gefahren.

Tag 4: Von Rietz aus hoch zur Peter-Anich-Hütte

Endlich ein leichter Weg! Zwar waren es 1200 m, die es bergauf ging, aber tatsächlich die ganze Zeit auf einem breiten Weg, so dass Zeit und Muße für das Kleine am Wegesrand war.
Die Zeit auf der Hütte war dann einfach schön mit bestem Sommerwetter, einem tollen Blick über das Inntal und einer netten Gemeinschaft mit anderen Wanderern. Und endlich wurden auch die Sachen trocken, die am ersten Tag so durchnässt wurden!

Tag 5: Von der Peter-Anich-Hütte bis nach St. Sigmund im Sellrain

Natürlich war wieder eine Schartenüberquerung angesagt, aber wie soll man auch sonst quer die Berge überqueren? Und jede Anstrengung lohnt für solche Ausblicke.
Ein Gipfel am Weg, den mein Sohn mitgenommen hat: Der Rietzer Grieskogel, 2884 m.
Der Abstieg durch Wiesen ins Sellrain-Tal

Tag 6: Einmal quer durch das Sellrain bis nach Praxmar

Der heutige Weg ist im Wanderführer als Bustour vorgesehen. Da mein Sohn jeden Schritt zu Fuß zurücklegen wollte, haben wir an dieser Stelle einen Tag mehr eingeplant und haben das Sellrain einmal komplett zu Fuß durchquert. Dies kann ich als Alternative nur empfehlen. Es war ein wunderschön zu gehender Weg immer am Bach, durch Wald oder Wiesen.

Tag 7: Von Praxmar zur Franz-Senn-Hütte

Die Franz-Senn-Hütte, das Tagesziel, das von Angelos und mir auf unterschiedlichen Wegen erreicht wurde. Da wieder starkes Gewitter angesagt war, bin ich mit dem Bus ins Stubaital gefahren und bin von dort von der Oberrissalm zur Franz-Senn-Hütte aufgestiegen. Angelos ist oben rüber über das Horntaler Joch.

Tag 8: Von der Franz-Senn-Hütte zur Neuen Regensburger Hütte

Immerhin ein eindeutiger Weg, aber ansonsten nur Steine, Geröll, Nebel und Kälte
Der Blick von der Scharte – an einem anderen Tag bestimmt schön.
Die Neue Regensburger Hütte war dann ein lohnenswertes und schönes Ziel. Mein Entschluss aber war gefallen: Ich brauchte dringend eine Pause und die folgenden Hütten im Stubaital würden mir alles abverlangen. So haben mein Sohn und ich uns für 3 Tage getrennt.

Tag 9-12: Angelos ist weiter zur Sulzenauhütte gegangen, dann über die Bremer und Tribilaunhütte bis nach Sterzing. Ich bin abgestiegen nach Neustift im Stubaital und bin am nächsten Tag mit Bus und Bahn nach Sterzing gefahren. Dort haben wir beide uns dann wieder getroffen.

Das ist das Wunderbare am Wandern – das Entdecken und Wahrnehmen durch die langsame Fortbewegung.
Ohne Worte
Der Weg meines Sohnes
An der Bremer Hütte – wo sonst?
Ich war zwei Tage in Sterzing, eine Stadt, die in jedem Fall einen Besuch lohnt

Tag 13 und 14: Gemeinsam sind wir die letzten zwei Tage dann bis zu unserem Ziel Brixen gegangen. Da in der Höhe aber Schneefall und anderes Unwetter angesagt war, haben wir uns abweichend vom Wanderführer unseren eigenen Weg durchs Tal gesucht. Wir haben uns am Jakobsweg orientiert und das war für diese 40 km super. Übernachtet haben wir kurz hinter Franzensfeste.

Wir haben dieses letzte Teilstück sehr genossen und fordernd genug waren gerade die 28 km am ersten der zwei Tage soundso.
Die letzten Kilometer hatten noch einmal ihren ganz eigenen Charme.
Unser Ziel: Brixen